Stimmen aus dem Ehrengast-Land der Frankfurter Buchmesse 25

Artikel: Suedostasien.net
Autor: Jörg Schwieger, 09/10/2025
_________________________________________

Stimmen aus dem Ehrengast-Land der Frankfurter Buchmesse 2025

Philippinen/Deutschland: Die Teilnahme der Philippinen als Ehrengast der Buchmesse wird in der philippinischen Presse diskutiert. Mit einigen Auszügen aus der Debatte wollen wir die Breite der Meinungen zeigen.

Die philippinische Schriftstellerin und Co-Vorsitzende des Guest of Honor Committee Neni Sta. Romana-Cruz im Philippine Star:

Wir fühlten uns wie Neulinge, als das National Book Development Board (NBDB) nach einer Pause von 15 Jahren 2015 wieder an der Frankfurter Buchmesse teilnahm. Wir waren nur eine Handvoll Leute und unser philippinischer Stand war ein winziger Raum, den wir selbst mit buntem Papier aus einem Frankfurter Schreibwarengeschäft dekorieren mussten. Unser Stand war schlecht beleuchtet und jemand aus Manila fragte, als er sich dem Stand näherte, ob es einen Stromausfall gäbe. Glücklicherweise hatten die Stände unserer ASEAN-Nachbarn Singapur und Malaysia eine helle Beleuchtung, die auch auf unseren Stand fiel. Heute können wir über diese bescheidenen Anfänge lachen, denn dank der Unterstützung und Ermutigung von Senatorin Loren Legarda erhielten wir ein besonderes Budget für die Buchmesse, das uns die jährliche Teilnahme ermöglichte. Es ist eine ungeschriebene Regel, dass die jährliche Präsenz eines Landes notwendig ist, um wahrgenommen und anerkannt zu werden und etwas zu bewirken.

Es war einmal: Der Messestand der Philippinen auf der Frankfurter Buchmesse 1981. © Bundesarchiv_B_145_Bild-F061586 (Harald Hoffmann) CC-BY-SA 3.0

Eine Delegation aus 50 Kreativen, Autor:innen, Illustrator:innen, Verleger:innen aus den Philippinen, nehmen vom 16. bis 20. Oktober an der 76. Frankfurter Buchmesse teil. Ihnen wurde mit Reisestipendien die Teilnahme an der Messe ermöglicht. Sie werden an Podiumsdiskussionen teilnehmen, Seminare leiten und sich vor allem auch die anderen philippinischen Messestände in den sechs verschiedenen Gebäuden anschauen.

Zu den Schriftsteller:innen der Delegation gehören: Frances Alvarez, Jose Dalisay, Mina Esguerra, Patricia Evangelista, Jaya Jacobo, Ambeth Ocampo, Isabel Roxas und Budjette Tan.
Neben der im Vergleich zu den Vorjahren größeren Delegation hat auch die Zahl der Stände unseres Landes zugenommen – von einem nationalen Stand (heute elegant und gut beleuchtet) mit den besten Veröffentlichungen des Jahres zu weiteren Ständen, die Titel aus folgenden Genres präsentieren: Junge Erwachsene, Kinder- und Jugendliteratur, Graphic Novels (Comics im Buchformat) und Comics, akademische Publikationen und Lehrbücher.

Die Asien-Bühne, gesponsert von der Buchmesse und dem Beratungsunternehmen Rex Education, bietet 30 Veranstaltungen zu den Themen Literatur, Bildung, Kunst, Geisteswissenschaften, Technologie und Naturwissenschaften. Außerdem gibt es die Internationale Bühne, auf der einige philippinische Autoren Vorträge halten.

Da es sich um ein großes Ereignis für das Land handelt, haben die National Commission for Culture and the Arts (NCCA), NBDB, das Außenministerium und das Büro von Senatorin Loren Legarda in den letzten Monaten eng zusammengearbeitet – der öffentlichen Ankündigung durch die Frankfurter Buchmesse während des Philippinischen Buchfestivals des NBDB im August 2023 in Davao.

Starke Fürsprecherin: Senatorin Loren Legarda im Manila Bulletin:

Senatorin Loren Legarda würdigte kürzlich die tiefen kulturellen Verbindungen zwischen den Philippinen und Deutschland. Anlässlich des Besuchs einer deutschen Mediendelegation erzählte die Senatorin von ihrem ehrgeizigen Traum, die Philippinen auf der Frankfurter Buchmesse – der weltweit größten und einflussreichsten Buchmesse – ins Rampenlicht zu rücken.

Legarda, die Visionärin hinter der Rolle der Philippinen als Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse 2025, sagte, es sei ihre persönliche Mission, dass das Land dieses Ziel erreiche.

„Als die Philippinen 2015 ihr bescheidenes Comeback auf der Frankfurter Buchmesse feierten, wagte ich die Frage: ‚Warum nicht die Philippinen als Ehrengast?‘ Ich habe dies als meine persönliche Mission angesehen. 2017 traf ich mich hier in Manila mit Herrn Jürgen Boos und im selben Jahr begann ich mit den Vorbereitungen. Selbst als die Pandemie unsere Dynamik zu bremsen drohte, blieben wir auf Kurs und 2023 wurde aus der Idee dann Gewissheit.“

Die Senatorin würdigte die langjährigen Beziehungen zwischen den Philippinen und Deutschland, insbesondere durch das Vermächtnis von Rizal, der 1887 in Berlin „Noli Me Tangere“ veröffentlichte.

Der Erfolgsautor Jose Dalisay im Philippine Star:

Als Ehrengast werden die Philippinen – ihre Literatur, Kultur, Geschichte und Politik – in Frankfurt im Vordergrund stehen. Dies dank Dutzender Schriftsteller:innen, tausender Bücher und zahlreicher Ausstellungen und Präsentationen, die unter anderem durch die gemeinsamen Bemühungen des National Book Development Board (NBDB) und der National Commission for Culture and the Arts (NCCA) zur FBM gebracht werden.

Der Ehrengast-Status ist eine Anerkennung, die jedes Jahr einem anderen Land zuteil wird, aber nicht umsonst zu haben ist: Das Projekt kostet Hunderte Millionen Pesos, was seine Befürworter:innen als lohnende Investition betrachten, um das weltweite Ansehen der Philippinen durch ihre Kultur zu steigern und den internationalen Markt für philippinische Bücher und Autor:innen zu erweitern. In den letzten zwei Jahren haben NBDB und das philippinische Ehrengast-Komitee intensive Anstrengungen unternommen, um das Programm vorzubereiten, die Delegierten auszuwählen und die Logistik für unsere historische Teilnahme an der FBM im Oktober zu organisieren. (…)

Nun gibt es eine Initiative, angeführt von einigen prominenten philippinischen Schriftsteller:innen und Aktivist:innen, die aus verschiedenen Gründen einen Boykott der FBM fordern. Zu den Gründen gehören unter anderem falsche Prioritäten der Regierung bei der Finanzierung unserer Teilnahme als Gastland, vor allem aber der Protest gegen die angebliche Unterstützung Israels durch die FBM in seinem Krieg im Gazastreifen und auch gegen die Komplizenschaft Deutschlands als Verbündeter Israels in diesem Konflikt. Derzeit hat diese Bewegung noch nicht viel Anklang gefunden, aber es würde mich nicht überraschen, wenn sie in den Monaten bis Oktober an Fahrt gewinnen würde – wahrscheinlich nicht genug, um uns davon abzuhalten, dorthin zu fahren, aber genug, um innerhalb unserer Reihen für einige Bestürzung und Uneinigkeit zu sorgen. (…)

Meine Antwort lautet nein. Ich setze mich für Frieden und Gerechtigkeit sowohl für das palästinensische als auch für das israelische Volk ein – ja, für alle unterdrückten Völker der Welt, einschließlich unseres eigenen. Aber wenn wir uns einer historischen Gelegenheit berauben, unseren kollektiven Widerstand gegen Ungerechtigkeit zum Ausdruck zu bringen – nicht nur in Gaza oder in dieser einen Frage, egal wie dringlich sie auch sein mag –, wird das nur kontraproduktiv sein. Wenn es nicht wie ein Lauffeuer um sich greift (andere prominente Autor:innen anderswo, wie in Indonesien – das vor einigen Jahren Ehrengast war –, haben ihre Unterstützung bekundet), wird ein symbolischer Boykott so ohrenbetäubend und folgenreich sein wie ein Baum, der im Wald umfällt.

Letztendlich wird es auf eine individuelle Gewissensentscheidung hinauslaufen, wie auch immer die einzelnen Personen sich entscheiden, für die wir uns eine respektvolle Akzeptanz vorbehalten müssen. Ob man geht oder bleibt, die Gründe oder Motive müssen klar sein, damit die Geste nicht vergebens ist. Ich werde stolz nach Frankfurt reisen, ohne Schuldgefühle oder Scham, um durch meine Bücher über unser Volk und unseren Kampf für die Freiheit zu sprechen. Engagement, nicht Rückzug, ist der beste Dienst, den Schriftsteller:innen für ihr Land und für alle unterdrückten und zum Schweigen gebrachten Menschen überall leisten können.

Stimmen aus dem Ehrengast-Land der Frankfurter Buchmesse 2025 - südostasien

3 „Gefällt mir“