Der ein oder andere von Euch, der mich bereits aus einem anderen Philippinen oriententierten Forum kennt mag es wissen oder wird vermutlich aufgrund meiner dortigen Signatur zumindest nicht überrascht sein, dass ich (schon seit über dreisig Jahren) bei den Freimaurern bin.
„Recht sehr zu wünschen, dass es in jedem Staate Männer geben möchte, die über die Vorurteile der Völkerschaft hinweg wären und genau wüssten, wo Patriotismus Tugend zu sein aufhört, …
dass es in jedem Staate Männer geben möchte, die dem Vorurteil ihrer angebornen Religion nicht unterlägen; nicht glaubten, dass alles notwendig gut und wahr sein müsse, was sie für gut und wahr erkennen.“
Gotthold Ephraim Lessing, Ernst und Falk - Gespräche für Freymäurer
Was für mich sehr überraschend war, als ich 2010 zum ersten Mal auf den Philippinen war, ist der Umstand, dass die Freimaurerei auf den Philippinen sehr populär ist und die Freimaurer ihre Zugehörigkeit sehr häufig mit einem prominenten Badge auf ihrem Auto offen nach aussen tragen (was zumindest in DACH eher selten der Fall ist). Wer auf den Philippinen schon mal im Stau stand, dem ist neben diversen anderen Aufklebern vielleicht auch schon mal das Freimaurersymbol „Winkelmaß & Zirkel“ (auf Englisch „Square & Compasses“) aufgefallen.
Mit etwas Nachforschen habe ich dann erfahren, dass die Freimaurerei in der philippinischen Kultur und Gesellschaft stark verwurzelt ist. So hat sich José Rizal, der Philippinische Nationalheld während seiner Zeit in Europa (bekanntlich verbrachte er auch längere Zeit in Deutschland) in Spanien zum Freimaurer aufnehmen lassen.

Und neben ihm gehörten zahlreich der Revolutionäre, die für die philippinische Unabhängigkeit von Spanien gekämpft haben dem Bund an. Aber auch zahlreiche andere überaus prominente philippinische Politiker und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens waren Freimaurer, z.B. Manuel Quezon (Stichwort „Quezon City“), der zweite Präsident der Philippinen (1933 bis 1944), der gleichzeitig der erste „Großmeister“ der seinerzeit gegründeten Großloge der Philippinen war.
Nach Angaben aus dem Internet gibt es auf den Philippinen über zwanzig Tausend Freimaurer. Zum Vergleich, in Deutschland sind es weniger als fünfzehn Tausend (allerdings ist Deutschland mit rund 80 Mio Einwohnern auch etwas kleiner als die Philippinen mit etwa 105 Mio). Wie aktiv die „Freemasons“ sind, lässt sich z.B. daran ablesen, dass zum jährlichen Großlogentag „Annual Communication“ (zuletzt im April 2024 in Clark) mal locker 5000 Freimaurer für mehrere Tage zusammenkommen und es ein vielfältiges Programm gibt. Zum Vergleich, in Deutschland ist man schon froh, wenn man ein paar hundert Teilnehmer mobilisieren kann.
Die Großloge der Philippinen hat eine Webseite, auf der man sich informieren kann und auf der auch alle amtierenden sog. „Beamte“ mit Vollnamen und Foto abgebildet sind.
Die Popularität der Freimaurerei auf den Philippinen ist insofern erstaunlich, als die katholische Kirche seit Jahrhunderten (unsinniger Weise, denn die Freimaurerei ist konfessionell völlig neutral) eine Unvereinbarkeit zwischen Zugehörigkeit zur katholischen Kirche und zur Freimaurerei postuliert und natürlich auch die philippinischen Freimaurer - so wie die Gesamtgesellschaft - ganz überwiegend gläubige Katholiken sind.
Dass sich die Freimaurerei auf den Philippinen „so gut gehalten“ hat, mag auch am Einfluss der Amerikaner liegen (mehr als die Hälfte der Unterzeichner der amerikanischen Unabhängikeitserklärung waren Freimaurer und im zwanzigsten Jahrhunder war es schlicht ein „Mittelklassephänomen“ - auch Fred und Barnie von den Flintstones gingen nicht nur gemeinsam zum Bowling, sondern gehörten natürlich auch der „Water Buffalo Lodge“ an). Ich sage immer spasseshalber: Überall, wo die Amerikaner hingekommen sind, haben sie Golfplätze gebaut und Freimaurerlogen gegründet.
Wer mit dem Begriff Freimaurer nichts anfangen kann: Es handelt sich um eine seit über 300 Jahren bestehende humanitäre, religiös indifferente Bruderschaft, die im historischen Kontext der Aufklärung entstanden ist. Im deutschsprachigen Raum gehörten historisch bspw. Lessing, Mozart, Goethe, Heine, Tucholsky oder nach dem zweiten Weltkrieg etwa der Schauspieler Karl Heinz Böhm (Stichwort „Menschen für Menschen“) dem Freundschaftsbund an.
Bitte diesen Post nicht missverstehen, ich möchte niemanden „Missionieren“ (das ist den Freimaurern völlig fremd) aber ich denke, da es sich um einen historisch durchaus bedeutsamen und bis heute gesellschaftlich äußerst relevanten und lebendigen (Stichwort Autoaufkleber) Aspekt der philippinischen Kultur der Gegenward handelt, insofern finde ich, gehört es durchaus hier hin. ![]()



