Immer wieder höre ich von Ausländern, dass Filipinos nicht in der Lage seien, einen Sari-Sari Store langfristig erfolgreich zu betreiben. Die Argumente sind oft dieselben: Der Umsatz wird mit dem Gewinn verwechselt, das Kapital wird nicht für neue Ware verwendet, sondern für den Eigenbedarf aufgebraucht, und Rücklagen werden selten gebildet. Aber ist das wirklich immer so?
Natürlich gibt es Fälle, in denen ein Sari-Sari Store scheitert, doch oft steckt dahinter kein reines Missmanagement, sondern eine ganz andere Denkweise. Viele der kleinen Läden sind gar nicht als dauerhaftes Geschäft geplant. Sie werden eher als eine Art kurzfristige Kapitalanlage genutzt. Wenn zum Beispiel jemand durch eine Provision oder Bonuszahlung an eine größere Summe kommt, investiert er dieses Geld in Ware für den Store. Der Verkauf bringt dann über eine gewisse Zeit laufend kleine Einnahmen und deckt gleichzeitig einige Haushaltsbedürfnisse. Sobald der Vorrat aufgebraucht ist, wird der Laden geschlossen – bis wieder eine neue Geldquelle auftut.
Dass viele Filipinos sehr wohl strategisch denken, zeigt sich auch an anderen Beispielen. Unser Nachbar etwa hat sich Schweine zur Mast gekauft und mit teurem kommerziellem Futter aufgezogen. Als er sie schließlich für 20.000 Peso verkaufte, rechnete ich ihm vor, dass er eigentlich mehr investiert als zurückbekommen hatte. Seine Antwort überraschte mich: Er meinte, es gehe ihm nicht darum, ob er einen Gewinn macht, sondern darum, auf einmal eine größere Summe Geld in den Händen zu halten – etwas, das ihm sonst nicht möglich wäre.
Ein weiteres Beispiel aus unserem Freundeskreis: Ein selbstständiger philippinischer Dienstleister bittet seine Kunden, größere Beträge direkt auf sein Konto zu überweisen. Er kennt sich selbst gut genug, um zu wissen, dass er das Geld sonst zu schnell ausgeben würde.
Diese Geschichten zeigen, dass Filipinos sehr wohl über ihre finanziellen Entscheidungen nachdenken – wenn auch oft auf eine Weise, die für Außenstehende nicht sofort nachvollziehbar ist. Es ist nicht immer eine Frage von mangelnder Finanzplanung, sondern oft eine pragmatische Anpassung an die eigene Realität.