Eduardo Masferré: Der Fotograf der Philippinen

Ein herrlicher Tag auf dem ‘Dach der Philippinen’, der Kordillera, dem geographisch alles bestimmenden Gebirgszug auf Nord-Luzon: Die Regenzeit tritt langsam den Rückzug an, die Uhr kann nicht mehr nach dem täglichen Nachmittagsschauer gestellt werden und die Sonne lässt das pittoreske Bergstädtchen Sagada inmitten von Bergen, Felsen, Schluchten und Reisterrassen noch schöner als sowieso schon erstrahlen. Doch es gibt ein anderes Motiv dieses Tages, welches nicht nur als Bild in unserer Kamera festgehalten, sondern auch in unserer Erinnerung einen festen Platz finden wird: Nena Masferré vor dem kleinen schmucken Haus, welches viele der Schätze ihres verstorbenen Mannes birgt.

Haus

Und um im Bild zu bleiben, auch dabei handelt es sich um Fotos. Denn Eduardo Masferré war nicht nur der wichtigste Fotograf der Kordillera, sondern mit seinem besonderen Auge und Stil vielleicht sogar der Philippinen überhaupt. Und doch kennt kaum jemand seinen Namen und die ihn kennen, sind meist Insider wie ernsthafte Hobbyfotografen, Ethnologen oder Anthropologen. Aber es steht außer Frage: Masferré’s fantastische Dokumentation der Igorots aus den 30er bis 50er Jahren ermöglicht einen Blick in die Kultur und Geschichte dieses faszinierenden Bergstammes.

Eduardo MasferréEduardo Masferré wurde am 18. April 1909 in Sagada geboren. Sein Vater, Jaime Masferré, war Spanier und seine Mutter, Mercedes Langkew, eine Einheimische aus Sagada. Ursprünglich war Jaime ein spanischer Soldat, der zum Bauern wurde und insbesondere Zitrusfrüchte und Kaffee anbaute. Noch vor Eduardos Geburt kamen Missionare nach Sagada, die Jaime in ihrer Residenz aufnahmen.

Eduardo verbrachte deshalb die ersten fünf Jahre dort mitten unter den Land- und Bauarbeitern, welche die Kirche errichteten. Im zarten Alter von sechs Jahren übersiedelte Eduardo 1915 nach Spanien und besuchte dort die Grundschule. Die Jahre in Europa erweiterten seinen Horizont erheblich, 1922 kam er zurück nach Sagada.

Gallery1Masferré bestand den High School Abschluss in der Mountain Province High School in Baguio mit Bravour, anschließend wurde er in der St. Marys School in Sagada zum Lehrer ausgebildet. In der Studienzeit hatte er erste Kontakte mit der Photographie, er half einem einheimischen Lehrer beim Entwickeln der Bilder. In seiner freien Zeit wanderte er viel in der Umgebung von Sagada und lernte das Leben der Einheimischen besser kennen. Mit einer einfachen Kodak Boxkamera machte er seine ersten einfachen Fotos. ‘Learning by Doing’ brachte er sich das Fotografieren und auch das Entwickeln der Bilder bei und fand so seinen ganz eigenen Stil.
In Baguio eröffnet Masferré 1935 das erste Photostudio der Stadt und seine Dienstleistungen waren gefragt. Doch immer wieder zog es ihn nach Sagada und noch näher an die Bergvölker der Kordillera. Die Kamera war immer mit dabei.

Nach den Wirren des zweiten Weltkriegs verlegte Masferré sein Photostudio nach Bontoc, ganz in der Nähe von Sagada. Mehr denn je wanderte und fotografierte er und die nächsten 10 Jahre waren die wohl wertvollsten seines Schaffens. 1951 traf er Nena Ogues und machte ihr einen Heiratsantrag. Nach der Hochzeit arbeitete Nena im Studio, insbesondere kolorierte sie viele Fotos mit Farbe nach.

Gallery2Den Fotos von Masferré blieb die Anerkennung im eigenen Land lange versagt, aber im Ausland wurden einige Spezialisten auf seine Arbeit aufmerksam. Erst in den 80er Jahren wurde seine Name auch auf den Philippinen über die Bergregion hinaus bekannt. Eine Ausstellung in Manila 1988 bedeutete den Durchbruch. International folgten weitere Ausstellungen, unter anderem 1982 in Dänemark und 1986 und 1989 in Tokio. 1989 wurden seine Fotos sogar auf der Ausstellung ‘Les Recontres de la Photographie’ in Arles in Frankreich gezeigt, einer der wichtigsten Veranstaltungen in der Szene überhaupt. Er war auf dem Höhepunkt angekommen. Seine Arbeiten wurden gelobt, bewundert und anerkannt und gewannen etliche Preise. Masferré ist bis heute der einzige philippinische Fotograf, der zu dieser Ausstellung eingeladen worden ist. 1988 wurde auch ein großer Bildband veröffentlicht unter dem Titel: ‘E. Masferré, People of the Philippine Cordillera: Photographs 1934 – 1956’.

Gallery3Im Jahre 1995 starb Eduardo Masferré. So erlebte er nicht mehr die größte Anerkennung auf den Philippinen: Er wurde 1999 zum nationalen Artisten erklärt, kein anderer Fotograf hat diese Auszeichnung bisher erhalten.

Die Bilder von Eduardo Masferré sind zeitlose Aufzeichnungen einer längst vergessenen Epoche in den Bergen von Nordluzon. Sie haben eine vergessene Kultur mit all ihren Sitten, Gebräuchen und Traditionen auf Film und Photopapier festgehalten.

Der Besuch in seinem Atelier unter Führung seiner Frau Nena war ein besonderer Tag. Sie ist trotz des hohen Alters sehr agil und im Kopf hellwach, aber öffnet die Tür zum Schatz ihres Mannes nur noch selten. Gute Verbindungen in Sagada helfen, sind aber keine Garantie. Wer das Glück hat, wird eine Frau erleben, welche die schon für sich selbst sprechenden Bilder ihres Mannes mit Erzählungen, Anekdoten und Emotionen noch wertvoller macht. Gerne signierte sie einen der drei letzten verfügbaren Drucke im Namen ihres Mannes. Danke Nena!

Nachtrag: Nena Masterré verstarb 2019 im Alter von 94 Jahren. Wir sind dankbar dafür, sie kennenlernen zu dürfen.

Siehe auch:

Die Bilder unten stammen noch aus der Zeit von Nena. Das Atelier wurde von der Familie weiter zum Museum ausgebaut.

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Das Buch war schon vor Jahren vergriffen, ich habe damals das letzte Exemplar im Igorot Museum in Bontoc erwerben können…
Gibt es eine Neuauflage? :thinking:

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