Aus dem Fundus von Wolfgang Bethge
Es ist etwas verwunderlich, dass der Narra-Baum (Pterocarpus indicus / Roter Sandelholzbaum) zu den Nationalsymbolen der Philippinen gehört, zumal der Baum früher in den meisten tieferen und mittleren Regionen Südostasiens zu finden war und es auf den Philippinen heute nur noch kleine, verstreute und gefährdete Reste des Baumes gibt.
Um was für einen Baum handelt es sich?
Der Narra-Baum ist ein laubabwerfender, relativ kurzstämmiger Baum. Bei guten Wachstumsbedingungen kann er eine Höhe von über dreißig Metern und einen Stammumfang von zwei Metern in den unteren Teilen bis zu sieben Metern durch Strebepfeiler erreichen. In der Regel sind diese Höchstmaße jedoch selten. Die Baumkrone weist lange, etwas ungeordnete Seitenäste auf, die erst nach oben ansteigen und dann nach unten abknicken. Die glatten, gefiederten, oval-elliptischen Blätter haben eine ausgeprägte Spitze. Es wird berichtet, dass die jungen Blätter und Blüten des Baumes essbar sein sollen. Auf den Philippinen blüht der Baum meist in den Monaten Februar bis Mai - oft vor dem Laubabwurf. Die Blüten an Rispen sind leuchtend gelb und duftend. Meistens öffnen sie sich nach einem Regenschauer und blühen nur einen Tag. Die Vielzahl der herabfallenden Blüten kann die Straßen rutschig machen. Nach 46 Monaten entwickeln sich haarige, 46 cm große, scheibenförmige Schoten mit 1 -2 cm breiten Flügeln. Sie werden durch den Wind verbreitet und können auch im Wasser schwimmen. Nach zwei bis drei Jahren können - wie in einigen Alleen zu sehen - Setzlinge zu dekorativen, schattenspendenden und relativ windfesten Bäumen heranwachsen.
Die Farbqualitäten machen das sehr haltbare Laubholz der Narra-Bäume attraktiv. Das Kernholz hat eine gelb-rosa bis braune, duftende Farbe mit einer ornamentalen Textur, die in mancher Hinsicht dekorativer ist als die des Teakbaums. Es dunkelt bei Lichteinwirkung nach. Das jüngere, wasserführende Splintholz hat eine hellere Farbe. Das Holz ist mäßig hart und schwer und hat gute Verarbeitungseigenschaften. Bei guter Trocknung schwindet es kaum, neigt nicht zur Rissbildung und ist sehr widerstandsfähig gegen Pilze und Insekten. Das Holz hat einen angenehmen, lang anhaltenden Zederngeruch. Durch Hobel- und Polierverfahren lassen sich sehr glatte Oberflächen mit feinem Glanz erzeugen.
Ein Autor schreibt, Möbel aus Narra-Holz erfreuen jeden Hausbesitzer. In Bezug auf Dauerhaftigkeit, Schönheit der Maserung und der schönen Oberflächenbehandlung gehört es zu den besten Möbelhölzern der Welt. Es wird für die Herstellung von hochwertigen Möbeln, Schalen und Furnieren, Vertäfelungen und Parkettböden verwendet. Aber auch das Kunsthandwerk bevorzugt diese Holzart, wenn sie verfügbar ist - zum Beispiel für die Herstellung von Intarsien, Musikinstrumenten, Uhren, Einzelstücken, Billardtischen, Klavierkästen und Skulpturen.
Der aus den Blättern des Narra-Baums zubereitete Tee ist in der traditionellen Medizin seit jeher ein Mittel gegen Furunkel und Durchfall. Doch nun werden die Extrakte der Narra als Heilmittel von der Schulmedizin wieder entdeckt und sind Gegenstand einer neuen Renaissance und eines kommerziellen Verwertungsbooms.
Der ehemalige Flugzeugpilot Virgilio V. Ecarma ist der Kopf dieser neuen Entdeckung und Vermarktung. Zuerst mit eigenen Erfahrungen, jetzt immer mehr mit Kontrollgruppenexperimenten versucht er die immunstärkenden und -regulierenden, metabolischen, antiinfektiösen Wirkungen seiner Produkte zu beweisen. Die Liste der Indikationen ist so lang, dass Zweifel an der Wirksamkeit wieder aufkommen können. Ecarma empfiehlt seine patentierten Tees und Kapseln bei: HIV-Erkrankungen, Tumor- und Lepra-Erkrankungen, Menstruationsstörungen, Arthritis, Diabetes mellitus, Nieren- und Blasensteine, Asthma-Erkrankungen, Zysten und Erkältungen. Neben seiner Pharmafabrik hat er ein Wellness-Zentrum gebaut. Eine volle Rückerstattung wird garantiert, wenn der Patient keine messbare Besserung erfährt".
Im Jahr 1985 exportierten die Philippinen noch 3.000.000 kg Narra-Holz. Doch in den letzten Jahrzehnten führte die enorme Nachfrage nach Statussymbolen aus Narra zu einem erheblichen Rückgang der Bäume in den Wäldern der Philippinen. Daher beschloss die philippinische Regierung 1987, das Abholzen und Sammeln in natürlichen Beständen sowie den Export von Narra zu verbieten. Der Waldanbau für industrielle Zwecke ist von dieser Regelung ausgenommen. Doch die hohen Preise locken immer noch Holzdiebe und Exportschmuggler an. Oft ist der legale Holzeinschlag mit dem illegalen Einschlag von Narra-Bäumen verbunden. Reste von Narra-Trees finden sich heute vor allem nur noch an der Küste der Provinz Isabela, der Sierra Madres, in Bicol, Mindanao und den Wäldern von Cagayan. Daten aus einer landesweiten Bestandsaufnahme liegen nicht vor und größere Rekultivierungsprojekte des Baumes sind uns nicht bekannt.
In den achtziger Jahren gab es von Seiten der holzverarbeitenden Industrie Bestrebungen, Narra-Holz durch das hellgelbe Gmelina-Holz zu ersetzen. Gmelina-Bäume wachsen schnell im Wald und das Holz kostet nur ein Sechstel des Preises von Narra-Holz. Gmelina-Holz trocknet jedoch unregelmäßiger und ist weniger haltbar. Nun scheint das Gmelina-Holz bereits eine beliebte Alternative geworden zu sein, aber es erreicht nicht die Status-Qualitäten von Narra-Holz.
Hoffen wir, dass sich die Substitution durchsetzt und wir den schönen, ökologisch wertvollen Narra-Baum auf den Philippinen wieder in größerer Zahl finden können.