Apocalypse Now in Baler und Pagsanjan: Hollywood auf den Philippinen

Hollywood war in den 70er und 80er Jahren oft zu Gast auf den Philippinen, aber die Dreharbeiten von Apocalypse Now in Iba, Baler und Pagsanjan auf Luzon waren einzigartig.

Der Wahnsinn dieses Kriegsfilms von Francis Ford Coppola war offenbar nicht nur gespielt, sondern die Aufnahmen auf den Philippinen machten tatsächlich fast das gesamte Team verrückt. Und das erklärte auch die Intensität des 1979 veröffentlichten Films.

Die Exzesse am Set der Dreharbeiten in den 70er Jahren wurden später von Eleanor Coppola, der Frau des Regisseurs, in einem Tagebuch veröffentlicht. Daraus entstand die Dokumentation „Ins Herz der Finsternis“ von 1991, welche den Wahnsinn der Dreharbeiten auf erschütternde Weise belegte.

Martin Sheen spielte die Hauptfigur Captain Willard und sein taumelnder Weg in den Wahnsinn des Krieges wurde wohl nie wieder so überzeugend gespielt. Kein Wunder, einige waren realer, als viele Filmzuschauer wussten. Die Szenen des betrunkenen Willard in einem Hotelzimmer in Saigon unter einem wie ein Helikopterrotor sich drehenden Deckenventilator entstanden an Sheens Geburtstag, wo er gemeinsam mit Coppola, viel Alkohol und der Kamera die Einstiegsszene des Films drehte. Das Schwanken im Zimmer, Posieren vor dem Spiegel, Zerschlagen des Spiegels und die Schnitte in der Hand – alles war echt.

Francis Ford Coppola plante den Film gemeinsam mit Drehbuchautor John Milius und George Lucas bereits seit den 60er Jahren nach dem Roman „Heart of Darkness“ von Joseph Conrad. Er verlegte die Geschichte nach Asien: Captain Willard sollte mit einer kleinen Mannschaft den Fluss hinauf bis nach Kambodscha fahren, um dort den wahnsinnig gewordenen Colonel Kurtz zu töten, der im Dschungel eine Art religiösen Opferkult errichtet hatte.

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Der Film sollte in Vietnam gedreht werden, obwohl dort der Krieg tobte. Aus Geldmangel scheiterte das Projekt zunächst, was vielleicht besser war. Nachdem Coppola mit der „Der Pate“ Millionen verdient hatte, nahm er einen neuen Anlauf. Mit rund 13 Millionen Dollar aus seinem eigenen Vermögen wollte er den Film drehen, am Ende sollte er drei Mal so viel kosten.

Im Februar 1976 reiste Coppola mit seiner Familie und dem Filmteam auf die Philippinen. Marlon Brando sollte Kurtz zu spielen, Harvey Keitel war für Willard gebucht. Auch die Ausstattung konnte schnell organisiert werden, das Kriegsgerät wurde einfach von der philippinischen Armee gemietet.

Dann ging es los: Coppola veränderte das sowieso schon riesige Drehbuch immer wieder und dann warf er Keitel raus. Grosse Teile des Materials mussten neu gedreht werden. Brando drohte nun, dass er nicht anreisen würde, aber eine Million Dollar Vorschuss behalten wolle.

Doch es kam noch schlimmer. Die von Diktator Marcos gestellten Helikopter wurden immer wieder für reale Einsätze im Süden der Philippinen abkommandiert, die Strandszenen verzögerten sich. Dann kam ein starker Taifun, der 200 Filipinos das Leben kostete und fast alle Sets zerstörte, vor allem in Iba an der Zambales Küste von Nord-Luzon.

Die Verzögerungen kosteten viel Geld und brachten Coppola fast an den Rande der Insolvenz. Dabei waren die Kosten im Land vergleichsweise gering, denn die philippinischen Arbeiter bekamen einen Lohn von lediglich 14 Dollar in der Woche.

Dafür wurde das Treiben rund um die Sets nach Wiederaufnahme der Dreharbeiten umso ausschweifender: Weine, Steaks und Klimaanlagen wurden aus den USA eingeflogen, Coppola hatte eine Affäre mit einer Assistentin, der Kameramann bestand auf Pasta aus Italien. Zwischenzeitlich erlitt Charlie Sheen, der neue Hauptdarsteller, einen Herzinfarkt und fiel für einige Wochen aus.

Als es im April 1977 weiterging, waren die Kosten des Films, aber auch die Ansprüche des Regisseurs weiter gewachsen: Coppola wollte mit dem Film das Wesen des Menschen ergründen. Gleichzeitig war das Team im Dauerrausch von LSD und Speed.

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Dann trafen Marlon Brando und Dennis Hopper ein und das Chaos wurde komplett. Brando war zu dick und kannte ebenso wie Hopper das Drehbuch nicht. Es dauerte Wochen bis Szenen umgeschrieben und Schauspieler ihre Rolle gefunden hatten. Zwischendurch wurde gefeiert, die Kulissen versanken im Matsch.

Offenbar veranstalteten zu diesem Zeitpunkt einige Statisten, eingeborene Ifugao-Krieger aus der für die Reisterrassen bekannten Kordillera in Nord-Luzon, eine rituelle Tierschlachtung mit einem Sumpfochsen (Carabao). Coppola hatte die Kamera bereit und die Szene sollte zu einer der intensivsten des Films werden.

Die beiden wichtigsten Drehorte waren schliesslich Baler und Pagsanjan. In Baler in der Provinz Aurora am pazifischen Ozean wurden die faszinierenden Strand- und Surfszenen gedreht. In Pagsanjan in der Provinz Laguna waren die Locations für viele Dschungel- und Fluss-Szenen.

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Im Mai 1977 zog die Crew aus den Philippinen wieder ab. Der Dreh hatte 238 Tage gedauert, mit vielen Pausen dazwischen. Rund zwei Jahre dauerte der Schnitt, bevor der Film endlich 1979 veröffentlicht wurde.

Rund 150 Millionen Dollar spielte „Apocalypse Now“ ein und wurde mit Oscars, Golden Globes und Goldene Palmen überhäuft.

Das Chaos der Dreharbeiten auf den Philippinen hatte eines der absoluten Meisterwerke der Filmgeschichte entstehen lassen.

Bildquellen: Omni Zoetrope Productions, United Artists

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1976 begleitete ich einige Bekannte, welche zu Besuch in Manila weilten, nach Pagsanjan. Die interessante Flussfahrt wurde insofern bereichert, als dass die Filmkulissen von „Apocalypse Now“ noch nicht entfernt worden waren und sich recht eindrücklich und realistisch ins tropische Umfeld integrierten. Die nachfolgenden Aufnahmen wurden 1976 gemacht und von Fotos kopiert (daher die Qualität :frowning_face: :slightly_smiling_face:).
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Der Trailer zum Film findet sich hier: https://youtu.be/FTjG-Aux_yQ

Weitere Szenen wurden im Lake Caliraya gedreht. Eines der Camps, resp. Der Kulissen wurden damals in ein Resort umgewandelt, das wir damals besuchten. Leider sind keine Fotos mehr vorhanden.

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Schade, das es diese Filmkulissen nicht mehr gibt
Wären sicherlich heute noch eine Touristenattraktion

MEGA! @BasiWaebi!

Sind das alle Fotos?

Ich habe in Manila mal einen der Komparsen des Films getroffen. Er ist immer noch Schauspieler und Barbesitzer…

Er kann sich nicht entscheiden, ob er den Film hasst oder liebt. Sein Leben hat er aber verändert… Er sagt, er hat bei der Produktion Dinge gesehen, die er davor nicht und danach nie mehr gesehen hat… :face_with_peeking_eye:

Ja - sind leider die einzigen Fotos, die ich gemacht habe.

Wir trafen damals in einer Bar in Pagsanjan ebenfalls einen Komparsen, der im Film mitgespielt hatte. Ein Pinioy, der zu unserem Erstaunen sehr gut Deutsch sprach. Ich mag mich aber nicht mehr erinnern, welchen Bezug er zu Deutschland hatte (s’ist ja auch ein Weilchen her :wink:)

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Henry Strzalkowski war es, hier ein Interview mit ihm:

Zitat: ‚Cannon films had part of their film crew lost in a helicopter crash on a Chuck Norris film. I, fortunately, never got hurt nor did any of my friends who have lived here in Asia long enough to be extra-aware of all that goes on around you.‘

Hatten wir dazu nicht irgendwo einen Post? :thinking: Wo auch ein deutscher Hasardeur mit dabei war? :thinking:

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Startete ‚Apocalypse Now‘ das Surfen auf den Philippinen?

Ein Film von 2015 ging dieser Frage nach…

Bei den Bildern sind so einige Filmszenen sofort präsent. Vielen Dank dafür!

Ja, es hat sich nur ein sehr beschränkter „Apocalypse Now“-Tourismus entwickelt. Einerseits, weil die Philippinen sowieso immer noch keine der stark frequentierten Tourismusdestinationen sind. Andererseits, weil es sowieso keine offensichtlichen Überbleibsel der Filmproduktion gibt und die philippinischen Touristen sich eher für Bespassung und etwas Adventure etc. interessieren. In Pagsanjan fährt man auf dem Fluss und in Baler surft man oder versucht es zumindest.

Artikel von 2010:

Over 30 years on, there is little outward evidence that Apocalypse Now has left a corresponding mark on the Philippines itself. There are no ‘Apocalypse’ cafés, no cheap ‘napalm slogan’ t-shirts being hawked, no cheesy movie location tours. Apocalypse Now remains a must-see film throughout the Western world, yet there’s no sign of any Middle Earth-like influx of tourists. In fact, there’s almost nothing here to show that Coppola and his increasingly un-merry band ever set foot in the place.

Scratch a little below the surface, however, and it soon becomes clear that the mighty production did leave its mark, but it left it, as my friend Mr Dulay from Baler put it, ‘only in the hearts and minds of the people’, whether it was adding curses to local folklore, kick-starting a surfing craze or broadening the horizons of these isolated mountain people.

Return to Apocalypse Now | Travel and Adventure (wordpress.com)

Der Schwiegervater und sein Bruder (beide leider schon gestorben) waren als Teil der Crew mit am Start, sie haben ab und zu mal ein bisschen was erzählt. Hat beide nachhaltig geprägt.

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Fotos gibt es keine?